Fidschi!

05. – 13.08.

Auf dem Flug nach Nadi/Fidschi gehen uns zwei weitere Stunden verloren – nun sind wir 10 Stunden hinter deutscher Zeit (ohne die Sommerzeit wären es sogar 11, also fast einmal halb rum um den Globus). In unserer Unterkunft für die erste Nacht auf der Hauptinsel Viti Levu empfängt uns Rezeptionist Paul mit den Worten: „You’re on Fiji Time now!“ – und meint damit weniger die Zeitzone als die Mentalität der Einwohner. Tatsächlich scheint das Leben hier etwas gemütlicher abzulaufen als anderswo auf der Welt. Das Universalwort hier ist „Bula“, was zwischen „Hallo“ und „Gesundheit“ alles mögliche bedeuten kann, aber immer mit einem breiten, entspannten Lächeln ausgesprochen wird. Wir lassen uns insbesondere nach dem eher stressigen Brisbane-Aufenthalt sofort anstecken und essen zwischen Pool und Meer zu Abend. Als wir zu später Stunde auf dem Zimmer gerade noch Fotos sortieren, entdecken (und erlegen) wir zu unserem Unmut eine Bettwanze, die über unser Bett kriecht. Vor allem Tina reagiert leicht panisch und rettet sich für den Rest der Nacht mitsamt allem Gepäck ins Badezimmer. Es scheint allerdings das einzige Exemplar gewesen zu sein, zumindest bleibt Jacob trotz im Bett verbrachter Nacht von Bissen verschont.

Am nächsten Morgen geht es mit der Fähre hinaus zu den Yasawa Islands – nach fünf Stunden auf bewegter See erreichen das Blue Lagoon Beach Resort auf Nacula Island, wo wir die folgenden sechs Tage verbringen werden. Während unser erster Nachmittag dort noch halbwegs sonnig ist und uns zu einem Sprung in den Pool und Cocktails am Strand einlädt, fällt in den nächsten drei Tagen jahreszeitenunüblich fast durchgängig Regen. Den ersten vollen Tag verbringen wir daher nicht wie gedacht in der Hängematte unter Palmen, sondern mit Büchern und Rätseln in unserem Häuschen. Am zweiten Tag leihen wir uns in einem Moment „guten Wetters“ (der sintflutartige Regen weicht kurzzeitig einem leichten Tröpfeln) ein Zweierkajak und paddeln eine Stunde über die Korallenriffe vor der Insel.

Am Dienstag, dem dritten Tag unseres Aufenthalts, beschließen wir, uns nicht weiter vom Wetter regieren zu lassen, und besteigen trotz Regen das Boot zum Besuch des nahegelegenen Dorfes Nacula, dem Hauptort der Insel, aus dem auch viele Mitarbeiter unseres Resorts kommen. Watili, der ebenfalls im Resort arbeitet, aber aus dem Dorf stammt und auch dort lebt, führt uns zu den zentralen Orten wie den beiden Kirchen, der Versammlungshalle und der Schule – komplett mit Rugby-Feld (der Nationalsport!) und lilafarbenen Häuschen, in denen die von der Hauptinsel kommenden Lehrer während des Schuljahres wohnen. Überall laufen Hühner herum, die Bewohner grüßen freundlich aus den Eingängen ihrer Wellblechhäuschen heraus, die von sorgfältig gepflegten Gärten umgeben sind. Es gibt nur noch wenige in traditioneller Art gebaute Häuser aus Schilfgras und Palmblättern, da sie wegen des mühseligen Unterhalts zunehmend durch Wellblechhütten oder auch gemauerte Häuschen ersetzt werden. Über das Ausmaß der Armut sind wir dennoch etwas erstaunt – wir hätten schon eine etwas bessere Infrastruktur und Lebensverhältnisse erwartet. Strom gibt es nur für wenige Stunden am Tag, Wasser muss aus den Regenzisternen oder vom Brunnen geholt werden, und auch eine Kanalisation ist nicht existent. Für größere Anschaffungen und den Einkauf haltbarer Lebensmittel legen mehrere Familien zusammen, um alle paar Wochen einmal einen „Einkäufer“ auf die Hauptinsel schicken zu können; ansonsten sind die Menschen für ihre Ernährung auf das angewiesen, was sie im Meer fangen und auf ihren Feldern anbauen. Trotzdem begegnen uns die Menschen sehr herzlich und wir fühlen uns nicht unwohl oder zu sehr als „reiche, weiße Eindringlinge“ auf Armuts- und „Eingeborenen“-Sightseeing (eine Befürchtung, über die wir uns im Vorfeld länger unterhalten hatten). Die Einwohner der Insel profitieren sehr von den dort angelegten Resorts – als Pächter ihres Landes, als Arbeitgeber und als Handelspartner (z.B. für Fisch und Gemüse, wie die Maniok-Pommes, die es bei uns zu einigen Mittagsgerichten gibt), sowie durch die Spenden und Einkäufe der Touristen auf dem kleinen Markt, auf dem die Frauen des Dorfs ihr Kunsthandwerk anbieten. Die „Entertainment Group“ des Dorfs singt für uns traditionelle Lieder und fordert uns zum gemeinsamen Tanzen auf. Unser Tanz scheint den lokalen Wettergott zu besänftigen, denn auf der Rückfahrt zum Resort lichten sich schon die Wolken und ab dem nächsten Tag kommt endlich wieder die Sonne zum Vorschein.

Die kommenden Tage verbringen wir schnorchelnd über den Riffen der blauen Lagune, in der Sonne am Palmenstrand oder im klaren, türkisfarbenen Wasser mit angenehmer Badetemperatur von 28 Grad. Bei einem zusätzlichen Schnorchelausflug zum Korallenriff vor Nanuya Island sehen wir leuchtend blaue Seesterne und einen winzigen Clownfisch über einer ebenso winzigen Seeanemone. Später am Nachmittag besteigen wir den Inselberg auf einem schmalen Pfad durch teils hohes Gras und über das rotbraune Vulkangestein. Pünktlich zum Sonnenuntergang erreichen wir den Gipfel – leider bedeutet das auch, dass wir den Abstieg im Dunkeln meistern müssen.

Tina versucht sich im Weben mit Palmblättern, während Jacob zunehmend mit seinem Schnorchelequipment verwächst und sich einen schönen halbseitigen Sonnenbrand holt. Jeden Abend genießen wir im Restaurant mit Blick übers Meer ein tolles, vielfältiges und immer sehr liebevoll angerichtetes Essen (für das man allerdings eine starke Verdauung braucht, wie wir beide erleben). Fazit: es sieht hier wirklich so traumhaft aus wie auf den Fotos in den Reiseprospekten. Südseekitsch pur! Aber wir genießen es sehr.

Am 12.08. fahren wir nach sechs Nächten Blue Lagoon und herzlichem Abschied von Restaurantchefin Annie etwas wehmütig zurück auf die Hauptinsel Viti Levu. Der Tag ist ein historischer für Fidschi: das Land gewinnt sein bisher erstes olympisches Gold überhaupt im Nationalsport Rugby, was ausgiebig gefeiert wird. Den letzten Abend verbringen wir nochmals in Nadi, dessen geschäftige Hauptstraße und bunter Hindutempel (Fidschi hat einen sehr hohen Anteil an indischstämmiger Bevölkerung) uns am nächsten Tag vor unserem Abflug Richtung Sydney noch einige Stunden unterhält. Ni sa moce (auf Wiedersehen) Fidschi!

Brisbane

04.08.

Frühmorgens bringen wir unser Mietauto zurück – mit weiteren 2400 km auf dem Tacho – und finden statt dem ungemütlichen Hotelrestaurant ein hübsches Café mit super Frühstück. Im Anschluss besucht Jacob seinen australischen Selux-Kollegen Stephen, während Tina im Hotel auf unsere letzten beiden Maschinenladungen Wäsche wartet und einige der seit langem mit uns herumgetragenen Postkarten schreibt. Zusammen besuchen wir anschließend das Museum of Brisbane mit cooler interaktiver Ausstellung zur Stadt und ihren Bewohnern sowie den Bell Tower der City Hall. Zum Mittagessen setzen wir unser internationales Erlebnis vom Vorabend Richtung Europa fort und speisen türkisch und französisch auf dem Street Food Market im Stadtzentrum. In den City Botanic Gardens suchen wir erfolglos nach dem architektonisch interessanten, riesigen Glashaus, bis uns eine kurze Internetrecherche darüber informiert, dass sich dieses in einem anderen botanischen Garten Brisbanes befindet (danke, lieber Reiseführer, für diese Fehlinformation!). Nachdem wir einen Regenschauer unter dem schützenden Blätterdach eines Baumes abgewartet haben, erreichen wir gerade noch rechtzeitig die City-Hopper-Fähre, die uns einige Stationen weiter auf der anderen Flussseite absetzt. Über die Story Bridge spazieren wir wieder zurück und durch Wind und Nieselregen hinein in den Stadtteil Fortitude Valley mit Chinatown und Barszene. Nach einem Picknick auf dem Zimmer beginnt der lustige Teil des Abends mit dem fummeligen Kofferpacken und zweifacher Punktlandung knapp unterm zugelassenen Maximalgewicht. Fidschi, wir kommen!

Central Queensland und Sunshine Coast

31.07.

Als Kontrapunkt zu Meer und Inseln besuchen wir auf unserem weiteren Weg nach Mackay den von dichtem Regenwald bewachsenen Eungella National Park hoch in den Bergen. Tolle Ausblicke auf das weite Pioneer Valley werden noch getoppt von den hier heimischen Schnabeltieren, von denen wir gleich mehrere bei ihren Tauchgängen im Broken River beobachten können. Die Disziplin der Schnabeltierfotografie beweist sich dabei allerdings aus größere Herausforderung, begeben sie sich bei der Nahrungssuche im Fluss doch zumeist nur kurz an die Wasseroberfläche zum Luftholen und tauchen danach wieder ab. Immerhin – ein paar Schnappschüsse gelingen uns noch, bevor die Dämmerung einsetzt.

01.08.

Ein Fahrtag steht an – von Mackay bis Hervey Bay, unserer nächsten Übernachtungsstation, sind es 750 eintönige Kilometer durch Zuckerrohrfelder, Viehweiden und Buschland. Einzig bemerkenswertes Ereignis unterwegs ist die Überquerung des Wendekreises von Nord nach Süd und damit der Übergang von der tropischen in die subtropische Zone. Auf Schildern am Straßenrand wird uns empfohlen, Quizfragen zu beantworten, um wach und konzentriert zu bleiben. Also lädt Tina flink eine Quiz-App herunter und wir strapazieren unser Allgemeinwissen, bis unsere Köpfe glühen und nach schätzungsweise 600 Fragen Level 30 erreicht ist. Da sind wir dann aber auch schon fast in Hervey Bay, wo uns ein gemütliches Bett erwartet.

02.08.

Um unsere Koffer für den baldigen Flug nach Fidschi auf das zulässige Gewicht zu schrumpfen, packen wir ein großes Paket, das wir uns nach Sydney vorausschicken. Eine weise Entscheidung, wie sich später herausstellen wird… Bis zu unserer freundlichen Ein-Zimmer-Unterkunft im Erdgeschoss von Russ‘ und Robs Haus mit dem großspurigen, aber durchaus berechtigten Namen „Noosa Hinterland Retreat“ ist es nicht mehr weit, und zum Mittagessen sitzen wir schon im netten Café des Nachbardorfes Doonan. Den Hauptort der Sunshine Coast, die recht touristische Agglomeration Noosa, lassen wir eher links liegen und steuern direkt den Noosa National Park auf der südlich gelegenen Landzunge an. Der Himmel zeigt sich eher bewölkt, dafür ist hier die Tierwelt umso attraktiver: ein Echidna begleitet uns ein Stück auf unserem Weg, im Wasser vor dem felsigen Kap beobachten wir Wale und Meeresschildkröten, und zuletzt können wir sogar noch einen der kleinen Queensland-Koalas im Geäst eines Eukalyptusbaums entdecken. Über allem schwebt der leichte Lagerfeuergeruch der kontrollierten Rodungen; die Rauchpartikel in der Luft wiederum ergeben tolle Farbeffekte vor der Abendsonne.

03.08.

Nach einem Frühstück auf der Terrasse unseres hübschen Apartments in Gesellschaft eines Bush Turkeys lassen wir uns gegen Mittag über die bunten Eumundi Markets mit vielen Ständen lokaler Künstler und Handwerker, Musik und internationalen Leckereien treiben. Weiter Richtung Brisbane passieren wir die Glass House Mountains, aus der umgebenden Landschaft herauserodierte Überreste von Vulkanschloten. Wir besteigen den Ngungun Mountain, von dessen Gipfel aus wir die tolle Sicht über die umgebende Kulturlandschaft bis zum Meer und zur Skyline von Brisbane genießen. Unsere Ankunft in Queenslands Hauptstadt am Abend hingegen gestaltet sich eher unerfreulich, da unser eigentlich gebuchtes Hotel mit Sauna und toller Stadtaussicht uns kurzfristig absagt und das Ausweichen in das uns vorgeschlagene alternative Quartier sich eher schwierig gestaltet. Nach zwei Stunden am Telefon und einigem Hin und Her mit der Rezeptionistin bekommen wir dort schließlich das letzte verfügbare Doppelzimmer – mit Blick auf die Klimaanlagen des Nachbargebäudes. Um uns nach all dem Ärger noch eine Freude zu machen, beschließen wir, Essen zu gehen und finden ein erstaunlich günstiges, gutes und offensichtlich authentisches indisches Restaurant, wo wir uns von den anderen – außer uns ausschließlich indischstämmigen – Gästen abschauen, unser Curry mit Roti-Fladenbrot statt Messer und Gabel zu essen. Die durch die scharfe Würzung befeuerte innere Wärme können wir danach gut brauchen, denn auf dem Rückweg ist es regnerisch, windig und kalt.

Whitsunday Islands

 

29.07.

Um 13 Uhr legt unser Segelboot „Prima“ mit uns und zehn weiteren vorwiegend französischen Gästen vom Port of Airlie ab. Wir schippern bei recht unruhiger See und entsprechendem Geschaukel hinaus zu Hook Island, wo wir uns eine Höhle mit 9000 Jahre alten Felszeichnungen ansehen – damals waren die Inseln noch Teil des Festlandes. Der Captain lässt sich nicht blicken, dafür erspähen wir in einiger Entfernung zum Boot einen Wal und eine Gruppe Delphine. Die Sonne hält ihren Farbkasten bereit und pinselt den Himmel in Rot und Orange, als wir später an unserem Ankerplatz für die Nacht an der Nordseite von Whitsunday Island ankommen. Der Nachthimmel ist überzogen von funkelndem Staub, und wir lassen uns in unserer kuscheligen Zweierkabine von den Wellen in den Schlaf wiegen.

30.07.

Wie wir beim Campen schon festgestellt haben, orientiert sich unser Tagesrhythmus hier viel stärker an dem natürlichen, von der Sonne bestimmten Ablauf. Geht die Sonne, so wie auch hier, um 18 Uhr unter, ist es gar kein Problem für uns, um halb zehn schlafen zu gehen, und nach dann fast neun Stunden Schlaf ist auch Aufstehen um viertel nach sechs ein Leichtes. Schön, weil wir so den Sonnenaufgang von Deck aus betrachten und schon am Morgen vor den Backpacker-Billig-Tagestouren zum Hill Inlet mit dem berühmten Whitehaven Beach übersetzen können. Ebbe und Flut formen hier aus schneeweißem Puderstrand und türkisblau leuchtendem Wasser ein Gemälde in allen nur möglichen Schattierungen. Wir baden im kristallklaren, wohltemperierten Wasser und sind selig.
Am Nachmittag bieten sich uns in Mantaray und Blue Pearl Bay noch einmal zwei Gelegenheiten, unserer neuen Lieblingsbeschäftigung „Riffschnorcheln“ nachzugehen. Kaum sind wir vom Boot gehüpft, werden wir silbern, schwarzweiß und gelbblauen umschwärmt. Das Wasser ist hier weiter südlich etwas kühler als vor Cairns, was den Weichkorallen offenbar zu gefallen scheint. Wir schweben über einen grünviolettorangeblauen, sich sanft wiegenden Unterwassergarten voll alter Bekannter und neuer Gesichter wie die riesigen Napoleonfische, die uns ganz nahe kommen, oder eine Art von Anemonenfisch mit nur einem weißen Streifen. Auf der flachen Sandbank von One Foot Island plumpst der rote Sonnenball vor uns ins Wasser, und als unser Captain Paul uns mit dem Schlauchboot wieder einsammelt, hat Hostess Lisa schon unser köstliches Abendessen zubereitet. Dazu versorgen uns unsere netten Mitreisenden mit Rotwein und Mango-Rum. Welch Luxus! Die „Prima“ schaukelt uns sanft ins Reich der Träume, während vor unserem inneren Auge noch einmal das bunte Aquarium des Tages vorbeizieht.

31.07.

Ein Schnorchelausflug noch vor dem Frühstück – eine Herausforderung, die wir gern annehmen! Danach sind wir gut durchgefroren, aber auch wach und erfrischt für den weiteren Tag. Während wir noch Toast und frisches Obst in uns hineinfüllen, setzt Paul draußen die Segel und unsere Tassen und Teller geraten abrupt in gefährliche Schieflage. Auf der Luvseite des Bootes aufgereiht in der Morgensonne sitzend, lassen wir uns vom Wind nach Airlie Beach zurücktreiben. Fast ein bisschen traurig verlassen wir die „Prima“ pünktlich um 10 – als ein letzter Gruß von unserem Ausflug aufs Wasser schwankt uns an Land auch Stunden später noch der Boden unter den Füßen.

North Queensland

27.07.

Wir verlassen Cairns auf einer regnerischen Fahrt gen Süden –  dabei ist Queensland doch angeblich der Sunshine State! Irgendwo muss das Wasser für all das tropische Grün um uns herum allerdings auch herkommen… Wir lassen uns vom bewölkten Himmel aber nicht die Strandlaune verderben, sondern verbringen einige Stunden mit Wellenhüpfen im lauwarmen Wasser und Nichtstun unter Palmen am beinahe kitschig schönen Mission Beach. Bis zum Abend fahren wir noch bis Townsville, wo wir ein Zimmer in einem kleinen, gemütlichen Bed & Breakfast in einem Haus aus den 1920er Jahren finden – mit Rosenbettwäsche und gusseisernem Schnörkelbett. O-Ton Jacob: „Es ist, als würde man bei einer freundlichen Omi übernachten“.

28.07.

Bei unserem Spaziergang durch die Stadt stellen wir fest, dass wir Townsville deutlich unterschätzt haben. Die Stadt wirkt auf uns sehr entspannt und lebenswert, kommt dabei aber ohne die touristisch-überdrehte Atmosphäre von Cairns aus. Vom langgezogenen, palmenbestandenen Stadtstrand schweift der Blick übers türkisblaue Wasser zur vorgelagerten Magnetic Island und den Bergen von Hitchinbrook Island in der Ferne; dahinter zieht sich die Parkanlage der Strandpromenade entlang, in deren Baumwipfeln sich Red-tailed Black Cockatoos und Rainbow Lorikeets verstecken. Viel historische Bausubstanz schmückt die Hauptstraßen und die unterhalb des felsigen Castle Hill gelegenen Wohngebiete. Dennoch – wir können nicht allzu lange hier verweilen, müssen wir doch um 17 Uhr in Airlie Beach sein, um für unseren Segeltörn zu den Whitsunday Islands am nächsten Tag einzuchecken. Also back on the road und mit der Sonne im Rücken durch Zuckerrohrfelder und Viehweiden weiter gen Süden. Tinas Händchen für das perfekte Preis-Leistungs-Verhältnis bei der Unterkunftssuche beweist sich erneut eindrucksvoll beim Check-In in Pete’s Rainforest Retreat: Unser Stelzenhäuschen mit Aussichtsterrasse ist super-schick und gerade mal ein halbes Jahr alt, und selten haben wir uns in einem Raum mit ähnlich angenehm-beruhigender Atmosphäre aufgehalten wie in dem großzügigen Gemeinschafts-Wohnzimmer mit Hängematte und Indoor-Pool. Die perfekte Einstimmung auf unseren Whitsundays-Trip…

Rund um Cairns – Regenwald und Riff

 

22.07.

Tina geht es wieder etwas besser, so dass immerhin ein Spaziergang durch das Standzentrum von Cairns und entlang der Esplanade drin ist. Am Calypso Café entdeckt Tina ein witziges Detail: das Schild mit der bunten Kreidemalerei, welches das Speisen- und Getränkeangebot anpreist und das sie vor zehn Jahren fotografiert hat, ist immer noch exakt das selbe wie damals. Nur die Preise sind vermutlich deutlich gestiegen – ein Vergleich der Fotos nach unserer Rückkehr könnte jedenfalls interessant werden…
Am Nachmittag packen wir unsere Badesachen und fahren wir mit dem Stadtbus nach Norden zum dem Namen entsprechend palmenbewachsenen Strand von Palm Cove. Aufgrund des Windes und des dadurch stärkeren Wellengangs ist das Meer heute zwar nicht die flache, ruhige Badewanne, wie sie Tina in Erinnerung geblieben ist, aber Wasser- und Lufttemperatur sind dennoch gleichermaßen angenehme 28 Grad. Die Dämmerung taucht später Palmen und Himmel in postkartenidyllische Pastellfarben.

23.07.

Tina scheint glücklicherweise vollends wiederhergestellt, dem Bummel über die Esplanade Markets und unserem anschließenden Ausflug ins Hinterland nach Kuranda steht also nichts im Weg. Mit dem Bus fahren wir kurvig hinauf durch den Regenwald in das Dorf Kuranda, das für seinen bunten Künstlermarkt bekannt ist – inklusive öffentlichem Klavier und einer Minigolfanlage unter Palmfarnen. Unter tropischem Grün essen wir sehr gute Galettes und beobachten Brush Turkeys auf den Grünflächen des Ortes. Ein Spazierweg führt durch den dichten Regenwald zum Jum Rum Creek. Am späten Nachmittag kommen wir zurück nach Cairns und verbringen den Abend entspannt auf dem umlaufenden Balkon unseres Hotels, eines historischen Pub-Gebäudes im Zentrum der Stadt.

24.07.

Heute ist der große Tag: wir fahren hinaus zum Great Barrier Reef! Morgens um 8 legt der Katamaran Tusa 6 in Cairns ab und bringt uns in knapp zwei Stunden hinaus zum Riff. Während wir durch das blaue Meer zu unserem ersten Ankerplatz brausen, taucht plötzlich direkt neben uns ein großer Buckelwal auf! Mehrfach umrundet er das Boot, zeigt seine helle Bauchseite, streckt Kopf und Schwanzflosse aus dem Wasser und bläst Wolken aus Wasserstaub in die Luft. Bis wir die Kamera geholt haben, ist er zwar schon fast wieder verschwunden, aber zwei, drei Beweisfotos kriegen wir doch noch hin. Nach all den enttäuschenden Walbeobachtungspunkten an Süd- und Ostküste nun hier völlig unerwartet die Überraschung, und dann noch so nah!
Genauso großartig geht unser Tag weiter, als wir zu unserem ersten Schnorchel-Spot kommen. Mit Wetsuit, Flossen und optisch geschliffener Taucherbrille gleiten wir über die Korallenbänke und staunen über die farbenfrohe Welt unter Wasser. Noch tiefer hinunter und näher dran kommen wir bei unserem Schnuppertauchgang – für Jacob eine First-time-experience, aber für uns beide ein großartiges Erlebnis. Nahezu schwerelos durchs Wasser zu schweben und dabei atmen zu können wie an Land, ist überall, aber insbesondere im bunten Korallengarten des Great Barrier Reef eine beeindruckende Erfahrung. Zurück an Bord sind wir völlig geflasht von unseren Eindrücken und freuen uns umso mehr auf unseren zweiten Stopp am Hastings Reef, wo wir uns beeilen, schnell unsere Schnorchelausrüstung überzuziehen, um möglichst viel Zeit im Wasser verbringen zu können.
Trotz der mittlerweile enormen Schäden am Great Barrier Reef durch die Erwärmung und Übersäuerung des Meeres dank Erderwärmung und CO2-Emissionen sind die beiden Korallenbänke, die wir angefahren sind, noch relativ intakt. Unter unseren Augen eröffnet sich der ganze Zauber des Riffs: Riesenmuscheln, ein Regenbogen aus verschiedensten Papagei-, Doktor-, Kaiser-, Falter- und anderen Korallenfischen, mehrere Clownfische zwischen den schwingenden Armen ihrer Seeanemone, Weihnachtsbaumwürmer, und sogar eine Meeresschildkröte! Die Fotos, die wir mit unserer geliehenen Unterwasserkamera schießen, sprechen für sich – und die Bilder im Kopf wirken noch bis zum Abend nach, als wir zurück in Cairns auf einer Terrasse über dem Meer ein Känguruhsteak verspeisen und auf unseren großartigen Tag anstoßen.

25.07.

Unser Besuch in der örtlichen Hertz-Filiale zeigt: nicht jeder Mietwagen in Australien hat zwangsläufig hunderttausende Kilometer auf der Uhr. Der für uns reservierte ist brandneu und gerade über 2000 km gefahren. Jacobs Freude ist umso größer, als er den Tempomaten entdeckt – auch wenn dieser für unsere Gesamtfahrstrecke in Australien nun 15.000 km zu spät kommt. Wir werfen unsere Hüte auf die Rückbank und starten direkt Richtung Norden zum Cape Tribulation, dem „Kap der Leiden“ – so benannt durch James Cook, nachdem er davor auf einem Riff aufgelaufen war. Mit der Fähre setzen wir über den krokodilgefüllten Daintree River über. Dahinter windet sich eine schmale Straße durch den Regenwald bis zum Traumstrand von Cape Tribulation, an dem man wieder einmal wegen der bissigen Anwohner leider nicht baden kann. Also genießen wir den Anblick nur vom sicheren Hafen unserer Stranddecke aus und beobachten die Krabben, die kugelförmige Sandklümpchen aus ihren unterirdischen Gangsystemen transportieren und rund um deren Eingang deponieren, was hübsche Muster im Sand ergibt.
Cape Tribulation ist umgeben vom Daintree Rainforest, mit 150 Mio. Jahren eines der ältesten Regenwaldgebiete der Welt. Auf mehreren Spaziergängen bestaunen wir das explodierende Grün und die schiere Menge an Biomasse, die sich um uns herum türmt und empor zur Sonne windet. Der Zwischenstopp an Mossman Gorge hingegen fällt aufgrund der neuartigen Besuchspolitik (Absperrung mit dezidierten Öffnungszeiten und quasi-obligatorische Nutzung des Shuttlebusses statt des früher möglichen Fußwegs) aus. Ohnehin bleibt nicht mehr viel Zeit bis zum Einbruch der Dunkelheit, der hier in den Tropen bereits sehr kurz nach dem Sonnenuntergang einsetzt. Zwischen Mossman und Cairns transportieren die Schmalspurbahnen auf den Zuckerrohrfeldern im Abendlicht die letzten Ladungen des Tages zu den rauchenden Zuckermühlen. Wir beschließen den Tag mit einem günstigen Abendessen im asiatischen Foodcourt der bunten Night Markets.

26.07.

Gestern ging es ans Meer – heute hoch hinauf in die Atherton Tablelands. Die Straße schraubt sich steil empor in die von vulkanischer Aktivität geprägte Hochebene. Unser erster Zwischenstopp gilt dem Lake Barrine, einen von Regenwald umgebenen See in einem erloschenen Vulkankrater. Im Teahouse am Seeufer wird uns echter Devonshire Tea mit Scones (inklusive Erdbeermarmelade und Sahne) und Tee bzw. Kaffee aus örtlichem Anbau serviert. Bei Yungaburra staunen wir über den Curtain Fig Tree, eine riesige Würgefeige mit sehr spezieller Wuchsform. Die Tablelands wecken in uns beiden mit ihren saftigen Wiesen, sanften Hügeln und wolkenverhangenen Bergketten in der Ferne Erinnerungen an heimatliche Gefilde, und die Fahrt durch diese Landschaft ist uns ein herzerwärmender Genuss. Hinter Millaa Millaa biegen wir auf den Waterfalls Circuit ein, der uns hintereinander zu den sich vor einer Basaltwand ergießenden Millaa Millaa Falls, den Zillie Falls und den Ellinjaa Waterfalls führt. Weiter Richtung Atherton besuchen wir den Mount Hypipamee National Park, der ein durch eine vulkanische Gasexplosion enstandenes, insgesamt über 130 Meter tiefes Kraterloch und die Dinner Falls beherbergt. Unsere Runde durch die Tablelands endet in der Dämmerung mit der Beobachtung eines Schnabeltiers in einem Fluss bei Yungaburra, wo wir in „Nick’s Swiss-Italian Restaurant“ in gemütlicher Atmosphäre noch eine hervorragende Pizza genießen, bevor wir uns auf den kurvigen Rückweg nach Cairns machen.

Rotes Zentrum – Uluru, Kata Tjuta, Kings Canyon und Alice Springs

17.07.

Bis zu unserem Flug am Nachmittag vertreiben wir uns noch gemütlich die Zeit in Darwin – zunächst mit einem leckeren, langen Frühstück in der Roma Bar, danach nutzen wir die Gunst vorhandenen Internets auf der Terrasse unseres Hotels und füttern den Blog mit langen Einträgen zur vergangenen Woche. Um 15 Uhr hebt unsere Boeing Richtung Alice Springs ab, wo wir für eine Nacht im sehr liebevoll gestalteten Alice’s Secret Hostel unterkommen. Da es schon dunkel wird, spazieren wir nur noch kurz zum Supermarkt, um uns mit Wasser und einem Abendessen zu versorgen, und verschieben eine ausführlichere Besichtigung der Stadt auf den Tag nach der Rückkehr von unserer Tour ins Rote Zentrum, zu der wir am nächsten Morgen aufbrechen werden.

18.07.

4.00 Uhr – der Wecker klingelt! Um 4:45 Uhr werden wir von unserem Tourguide Jake mit dem Bus abgeholt und starten zu einer langen Fahrt bis zum Yulara Campground am Uluru, wie der Ayers Rock traditionell von den örtlichen Aboriginal-Stämmen genannt wird. Unsere Guppe ist ein netter Mix aus anderen Paaren in unserem Alter, einer holländischen Familie, einigen Mädels aus Japan bzw. Spanien und einer sehr coolen 57-jährigen Französin auf Solo-Weltreise. Nach einem Sandwich-Mittagessen geht’s weiter zum Besucherzentrum des Nationalparks, welches über das Leben der Aborigines und die mit dem Uluru verbundenen Traumzeit-Geschichten informiert. Während sich eine lose Reihe von ameisenklein erscheinenden Menschen an den im Fels verankerten Metallketten auf den Uluru hinaufzieht, bleiben wir bei unserer Wanderung bewusst am Boden und werden dafür mit vielfach wechselnden Perspektiven auf den riesigen Stein belohnt. Höhlenartige Formationen am Fuß des Uluru bergen Felszeichnungen, und entlang des Felsens finden sich bedeutende Sacred Sites der lokalen Aborigines, die wichtige Elemente aus dem Schöpfungsmythos, der sogenannten Tjukurpa, darstellen (und von Besuchern teilweise nicht fotografiert werden dürfen). Am Mutitjulu Waterhole, dem Ruheort der Kuniya-Schlange und einer der wenigen permanenten Wasserstellen der Region, hören wir leise das Wasser gluckern, während es kaum merklich in das Becken fließt. Stellen wie diese wurden von den Aborigines geschickt zur Jagd genutzt: man wartete vor dem Zugang zum Wasserloch, bis eine zuvor abgezählte Gruppe von Tieren wie Känguruhs oder Emus vom Trinken zurückkam, um dann nur das letzte zu erlegen. So behielten die anderen Tiere die Wasserstelle als sicher in Erinnerung, was den Menschen wiederum eine stete Nahrungsquelle garantierte. Wie trocken und heiß es hier werden kann, mag man angesichts des satten Grüns der Umgebung kaum glauben – dies ist allerdings ein eher seltener Anblick und dadurch begründet, dass es rund um Uluru und Kata Tjuta in den vergangenen Monaten ungewöhnlich viel geregnet hat.

Zum Sonnenuntergang versammeln sich alle Busgruppen auf derselben Aussichtsfläche – ein Graus! Zum Glück wird es ein Stück weiter die Düne rauf etwas ruhiger. Der rote Felsen glüht im langwelligen Licht des Sonnenuntergangs auf und scheint dadurch von innen heraus zu leuchten. Unser gemeinsames Abendessen auf dem Campingplatz besteht aus Reis mit leckerem Känguruh-Hackfleisch – wir finden ohnehin, dass viel mehr Känguruh gegessen werden sollte. Rund ums Lagerfeuer rollen wir schließlich unsere Schlafsäcke in den bereitgelegten „Swags“ aus, einer Art Segeltuchhülle mit dünner Matratze darin, wie sie traditionell von den herumziehenden Landarbeitern verwendet wurde. Bei 6 Grad in der Nacht friert sich vor allem Tina darin die Füße und den Hintern ab.

19.07.

Die Belohnung für das Aufstehen um 5.30 Uhr ist für uns ein zauberhafter Sonnenaufgang über Uluru und Kata Tjuta. Diese Gruppe von aus der Ebene ragenden Felskuppeln – unser heutiges Ziel – ist wie der benachbarte Uluru entstanden, als große Stücke von Sand- und Konglomeratgestein, erodierter und verfestiger Überrest eines alten Gebirges, durch Spannungen in der Kontinentalplatte aus dem Boden gehoben wurden. Während der Rest der Gruppe mit unserem Guide Jake eine kürzere Tour macht, wählen wir zusammen mit einem dänischen Paar die vollen 7 Kilometer des Rundwegs durch das Valley of the Winds, was uns tolle Blicke auf die gerundeten Steinkuppeln beschert. Hier wird leider auch wieder der Nachteil einer geführten Tour deutlich: der Zeitrahmen unseres Aufenthalts bei den „vielen Köpfen“, wie sich „Kata Tjuta“ übersetzen lässt, ist für unseren Geschmack eigentlich zu knapp bemessen, um die spektakuläre Landschaft wirklich genießen zu können. Wir trösten uns damit, dass wir so wenigstens die Fahrarbeit an Jake abgeben können und die 1600 km der vollen Tour (vorbei an Salzseen und dem Tafelberg Mount Conner) in den drei Tagen zur Abwechslung nicht selbst fahren müssen. An der Kings Creek Station, wo wir heute campen, beteiligt sich Jacob fleißig am Bau des großen Lagerfeuers, in dessen Glut wir später unser Abendessen zubereiten, „Damper“ (eine Art Brot) backen und Marshmallows grillen. Auch heute übernachten wir nochmal im Swag, wobei dieses allerdings glücklicherweise weniger muffig und die Nacht weniger kalt ist.

20.07.

An das frühe Aufstehen haben wir uns schon fast gewöhnt: auch heute geht es um 5.30 Uhr aus den Federn bzw. dem Schlafsack. Mit dem Sonnenaufgang starten wir zum Kings Canyon Rim Walk, der uns in vier Stunden rund um den Canyon führen soll. Zunächst geht es mit beeindruckender Aussicht auf die weite Ebene hinter uns steil hinauf, danach auf dem Rand der Schlucht entlang durch steingewordene Sanddünen und Meeresböden (inklusive versteinerter Seegurke). Kleine Ritzen im Gestein genügen den Ghost Gums, um sich an den Felswänden festzuklammern und dort das herabrinnende Wasser aufzunehmen – in Dürrezeiten kann diese Eukalyptusart gezielt einzelne Äste absterben lassen, um den restlichen Baum zu retten. Im oberen Teil des Canyons steigen wir schließlich hinab in die grüne Oase des „Garden of Eden“, wo sich Palmen am Rande des Wasserlochs reihen. Auf der anderen Seite der Schlucht geht es wieder hinauf auf die Hochfläche, die hier von kuppelförmig erodiertem Sandstein geprägt ist, der an der Außenseite zwar durch Oxidation des enthaltenen Eisens rot erscheint, darunter jedoch hell sandfarben ist. Nach unserem Abstieg hinunter in die Ebene beginnt unsere letzte gemeinsame Etappe mit der Tourgruppe: die lange Fahrt zurück nach Alice Springs. Während der letzten Stunde im Bus geht es Tina zunehmend schlecht; im Hostel angekommen muss sie sich erst einmal übergeben, was den weiteren Verlauf des Abends schon andeutet.

21.07.

Während Tina nach einer harten Nacht elend in einem Café sitzt und dort vom hilfsbereiten Personal mit Ingwertee und Weißbrot versorgt wird, spaziert Jacob etwas durch Alice Springs und organisiert den Transport unseres Gepäcks. Alice Springs erscheint uns beiden freundlicher (und sicherer) als befürchtet. Entlang der Fußgängerzone, die von einem bunt gemischten Publikum aus Reisenden und Einheimischen bevölkert ist, finden sich viele Galerien mit teilweise sehr schöner Aboriginalkunst. Alice ist außerdem der erste Ort auf unserer Reise, an dem sich aboriginales und weißes Leben im Alltag zu treffen und auf Augenhöhe zu vermischen scheinen. Am späten Nachmittag geht schließlich unser Flug nach Cairns, quer über die schnurgeraden Macdonnell Ranges. Im tropisch-feuchtwarmen Cairns angekommen wiederum ist fürs Erste nichts einladender als das Bett in unserem Hotel.

Darwin

 

15.07.

Auf unserem Rastplatz treffen wir zum Frühstück zwei deutsche Paare, die noch einige Monate Reise vor sich haben. Sehr praktisch für uns, denn so können wir gut unsere übrigen Lebensmittel und sonstigen Gebrauchsartikel an sie loswerden. Alles andere, was im Buschen herumfliegt, muss nun wieder in Koffer, Taschen und Tüten gepackt werden, bevor wir unsere letzten Kilometer nach Darwin zurücklegen. Unser Gepäck stellen wir im Hotel unter, füllen Gasflasche und Tank auf und bringen unser gutes Hochass „nach Hause“ in sein Depot. 14941 Kilometer hat es uns ohne einen Mucks durch Australien getragen – durch Regen, Wind und Hitze, über Highways und rauhe Schotterpisten, und durch die unterschiedlichsten Landstriche. Manches Mal haben wir die beengten Verhältnisse verflucht, an anderen Tagen das Campingleben als solches mit ewigem Abspülen, Abhängigkeit vom Wetter und müffelnden Plumpsklos, aber viel mehr als das haben wir die Freiheit genossen, jeden Tag weiterziehen zu können und unser „Haus“ immer mit uns herumzutragen.
Dennoch freuen wir uns nun auch auf die weiteren Abschnitte unserer Reise, die anders organisiert sein werden. So genießen wir zurück im Hotel im Zentrum von Darwin erst einmal Pool, Dusche und großes, gemütliches Bett.

16.07.

Ein längerer Spaziergang am Morgen führt uns durch Darwin mit seiner Mischung aus Alt und Neu. Wirbelsturm Tracy hat die Stadt 1974 völlig verwüstet, und nur wenige der historischen Gebäude haben dies überstanden. Auch von der massiv gebauten Town Hall stehen nur noch wenige Mauerreste, die als Denkmal an die Katastrophe erinnern. Über eine Brücke erreicht man den neuen, schicken Hafenbezirk mit Park, öffentlicher Badelagune und diversen Restaurants. Im ehemaligen Telegrafenwärterhaus finden wir eine tolle Galerie, die Kunsthandwerk und Gemälde aus Aborigine-Communities der Umgebung verkauft, und suchen uns ein Bild aus, was uns zuhause in Berlin an unsere Reise erinnern soll. Den Nachmittag verbringen wir nach gemütlichem Einkaufsbummel entspannt im Hotel und am Pool. Abends spielen wir Tetris mit unseren Habseligkeiten, um unser Gepäck auf flugtaugliche Größe zu schrumpfen – am nächsten Tag soll es für uns weiter nach Alice Springs und von dort aus ins Red Centre gehen.

Litchfield National Park

 

13.07.

Auch der heutige Morgen ist grau, und der vorangegangene Tag steckt uns noch etwas in den Knochen. Wir frühstücken am Bowali Visitor Centre und fahren Richtung Darwin weiter. An den Mamukala Wetlands stoppen wir für einen Spaziergang und die leider wenig von gefiederten Besuchern frequentierte Vogelbeobachtungsplattform, bevor wir dem Kakadu National Park endgültig Goodbye sagen.

Auf dem Weg zum südwestlich von Darwin gelegenen Litchfield National Park passieren wir Orte mit witzigen Namen wie „Humpty Doo“ oder „Rum Jungle“, bevor wir auf die erste Attraktion des Parks stoßen: die scheibenförmig in die Höhe ragenden Bauten der Magnetic Termites. Diese Termiten verfügen über einen zusätzlichen Sinn, mit dem sie das Magnetfeld der Erde wahrnehmen und so ihre Hügel genau in Nord-Süd-Richtung ausrichten können, um die Sonneneinstrahlung zu minimieren. Wie die flachen, grauen Bauten alle so akkurat angeordnet aus dem Gras ragen, erinnern sie uns an die Steinreihen von Carnac. In der Ferne dahinter können wir Wasserbüffel grasen sehen (noch so ein eingeführtes Tier, was sich unkontrolliert ausgebreitet hat und zu einer „pest“ geworden ist). Leider ist der günstige Nationalpark-Campground bei unserer Ankunft schon völlig überfüllt, so dass wir wieder ein Stück zurückfahren müssen und unseren vorletzten Campingabend auf einem etwas luxuriöseren (dafür aber auch teureren) Campingplatz verbringen.

14.07.

Litchfield wartet mit seinen Felsenbecken und Wasserfällen! Also früh los, bevor die Massen die Parkplätze und Badepools verstopfen. Am Buley Rockhole hüpfen wir zum ersten Mal ins tiefe, klare Wasser des Bachs und genießen die Schultermassage durch den praktischerweise integrierten Wasserfall mit darunterliegender Felsenbank. Ein Rundweg führt teils über die trockene Hochfläche des Litchfield Tabletop, teils durch Monsunregenwald zu den Florence Falls, deren großes, rund ausgewaschenes Becken jetzt um elf Uhr schon gut mit schwimmwestenbewehrten Kindern gefüllt ist.

Zurück am Rockhole kühlen wir uns nochmal ab und weiter geht es zu den Wangi Falls ein Stück weiter nördlich. Auch hier ist es uns eigentlich ein bisschen zu voll, also beschließen wir, zunächst die Runde vom Fuß der Wasserfälle hoch auf das Felsplateau zu wandern. Im schattigen, relativ kühlen Regenwald schweben riesige Spinnen in ihren Netzen – für den Menschen zwar ungefährlich, aber ausprobieren möchte man es trotzdem nicht unbedingt. Die Palmen und Farne werden nach oben hin von Eukalypten abgelöst, an deren orange leuchtenden Blütenpuscheln bunte Loris hängen und Nektar trinken. Wir überqueren den Fluss, der sich einige Meter weiter über die Felskante hinabstürzt, und steigen auf der anderen Seite wieder hinab ins Tal, von wo aus uns schon der charakteristische Gestank der Flughunde entgegenweht, die in dunklen Klumpen von den Bäumen hängen. Jetzt, am späteren Nachmittag, haben wir den Badeteich am Fuß der Wangi Falls fast ganz für uns alleine, und die Felsen leuchten in der Abendsonne besonders schön. Es ist ein schöner Abschluss des Tages, aber auch eines großen Abschnitts unserer Reise: 62 Tage Campingbus liegen hinter uns, und wir sind sehr froh, dass alles so gut geklappt hat. Mit unserem letzten Wein stoßen wir auf all die schönen Erlebnisse der vergangenen zwei Monate an.

Kakadu National Park

 

11.07.

Unser erster Tag im Kakadu National Park führt uns durch verbranntes, wieder zum Leben erwachendes Land zu den Aborigine-Felszeichnungen an den Nanguluwurr und Nourlangie/Anbangbang Rocks. In sich überlagernden, zwischen 20.000 und weniger als 100 Jahre alten Schichten sind hier Motive aus der Alltagswelt und der Traumzeit der Aborigines abgebildet: Fische, Schildkröten und Känguruhs, aber auch Jagd- und  Tanzszenen, Schöpfungsgeister wie der „Lightning Man“ Namarrgon oder auch ein Segelschiff der Europäer. Vom Gipfel des Felsens aus lässt sich die Abbruchkante erkennen, die den Nationalpark von der Hochfläche des unter Aborigine-Verwaltung stehenden Arnhem Land trennt.

Am Nachmittag besuchen wir das sehr informative Waludja Cultural Centre, bevor wir das Boot zur Sunset Cruise auf dem Yellow Water besteigen. Die Stars auf der Bootstour sind ohne Zweifel die Leistenkrokodile, die am Ufer im Schatten dösen oder geräuschlos durchs Wasser gleiten. Ein 4,5 Meter langes Exemplar dreht passend zum Sonnenuntergang eine lange, langsame Runde um unser Schiff. Daneben sehen wir aber auch große Jabirus (Schwarzkopfstörche) und Weißbauchseeadler, weiße Reiher, Jacanas (kleine Wasservögel, die mit ihren riesigen Füßen auf den Blättern der Seerosen umherwaten), Brumbies (verwilderte Pferde) und in der Ferne einige Wasserbüffel. Der Sonnenuntergang bildet mit den wenigen Wolken am Himmel tolle Spiegelungen auf dem Wasser.

12.07.

Heute ist der Himmel deutlich bewölkter – dadurch ist es zwar weniger heiß, dafür aber feuchter und drückender. Wir laufen eine Spazierrunde in der Nachbarschaft des Campgrounds ab, aber sehen weder den vom Ranger angekündigten „resident water buffalo“ noch das „resident crocodile“, sondern nur ein paar Vögel wie den bunten Rainbow Beeeater und ein Pärchen Red-tailed Black Cockatoos sowie unsere eigenen resident flies (die Plage des Outbacks, die uns nun schon eine Weile verfolgt).

Nach Zwischenstopps im Bowali Visitor Centre und kurz im Hauptort des Parks, Jabiru (bekannt für sein eigenwilliges Hotel in Krokodilform), erreichen wir den East Alligator River bei Cahill’s Crossing. Die Furt bildet den Übergang zum Arnhem Land, zu dem man nur mit spezieller Erlaubnis Zutritt hat. Am Ubirr Rock bewundern wir erneut die Felsmalereien und die Aussicht vom Gipfel des Felsens auf die sich weit und grün unter uns ausbreitenden Wetlands.

Wir schließen noch einen Spaziergang durch den Monsun-Regenwald daneben an – über uns hängen (und stinken) wieder einmal Flughunde. Vom Ufer des East Alligator River aus entdecken wir ein Krokodil im Wasser, was auf uns zudreht, als es uns sieht – der Blutdruck steigt sofort und wir beeilen uns, wegzukommen. Den Rest des Weges, der parallel zum Fluss führt, legen wir mit einem mulmigen Gefühl zurück.

Der Tag hält noch mehr Aufregung für uns bereit, als bei unserer Rückfahrt ein Tour-Bus hinter uns nicht rechtzeitig sieht, dass wir abbiegen und der Mighty-Van zwischen uns bremst: der Bus gerät in den Straßengraben, dreht sich um 180° entgegen die Fahrtrichtung und kippt auf die Seite. Wir steigen sofort aus, Jacob ruft den Notarzt und Tina versucht ihr Bestes als Ersthelfer. Die Menschen aus dem Bus zu bekommen, gestaltet sich etwas schwierig; glücklicherweise sind keine wirklich schwer Verletzten oder gar Tote darunter (hauptsächlich Schürfwunden, Kratzer, einige Brüche, eine Person mit Amnesie/Gehirnerschütterung). Einige weitere Helfer kommen dazu, zusammen mit den 21 Passagieren des Busses wird es etwas unübersichtlich, aber alle Menschen werden von uns einigermaßen gut versorgt, bis nach einer halben Stunde endlich Feuerwehr und Krankenwagen kommen und nochmals 20 Minuten später ein Helikopter mit Notarzt, der die am schwersten Verletzten nach Darwin fliegt. Nach unserer Vernehmung durch die Polizei dürfen wir schließlich zwei Stunden nach dem Unfall die letzten 800 Meter zu unserem Campground fahren, wo sich Tina erst einmal waschen und die blutbefleckten Kleider wechseln kann. Als wir endlich – gründlich imprägniert mit Insektenrepellent – am Campingtisch vor unserem Buschen zu Abend gegessen haben und auf die ganze Aufregung des Tages noch einen Rotwein aufmachen, fängt es an, in Strömen zu regnen und hört auch bis die frühen Morgenstunden nicht mehr auf. Wir schlafen unruhig und sind beinahe froh, als die Sonne aufgeht und wir aufstehen können.

Artikel zum Unfall auf NT News