East Kimberley – Geikie Gorge National Park

 

03.07.

Vierhundert Kilometer östlich von Broome halten wir heute für einen Zwischenstopp im Geikie Gorge National Park bei Fitzroy Crossing. Aus dem scharfkantigen Kalkstein eines im Devon entstandenen Riffs haben hier die Wassermassen der Regenzeit eine breite Schlucht herausgewaschen. Der Wasserstand der letzten Jahre lässt sich an der Höhe des helleren waagerechten Streifens ablesen, wo der Fluss die Rußschicht der Buschbrände vom Gestein abgewaschen hat. Die „Freshies“ (Süßwasserkrokodile) verstecken sich in der Mittagshitze wohl im Schatten, aber dafür finden wir auf dem Rückweg unter einem Strauch das kunstvolle Bauwerk eines Laubenvogels. Um ein Weibchen zu beeindrucken, baut das Männchen ein tunnelförmiges Gespinst aus Zweigen und Grashalmen, und schmückt es anschließend mit Steinchen, ausgeblichenen Knochen, Beeren und was es sonst noch alles findet.
Nach einem bei 33°C doch sehr erfrischenden Zitroneneis (Juli fühlt sich hier auch wirklich sehr wie Juli an) geht es weiter durch die Savannenlandschaft des östlichen Kimberley. Knorrig ragen die Äste der Boab-Trees (eine Unterart der Affenbrotbäume) aus ihren bauchigen Stämmen. Unser Übernachtungsplatz liegt auf einem Hochplateau, so dass wir vor unserem Hochass unsere eigene kleine Terasse mit Ausblick und Sonnenuntergang genießen können. Auch hier beeindruckt nachts wieder der einmalige Sternenhimmel.

04.07.

Da wir erst für den 06.07. zwei Plätze im 4WD-Safaribus zum Purnululu National Park bekommen haben, können wir uns heute viel Zeit lassen. Wir nutzen unseren schönen Aussichtsplatz, um endlich mal Postkarten zu schreiben und ein bisschen zu lesen; erst mittags fahren wir weiter nach Halls Creek, wo nach zwei Nächten an der Straße und Temperaturen über 30°C ein Campingplatz mit Dusche und vor allem Pool (!) lockt. Mittlerweile besteht das Campingpublikum dank Schulferien zwar vermehrt aus Familien, aber die „Adventure before dementia“-Klientel (siehe Foto) ist nach wie vor stark vertreten. Auf dem Weg in die erste Goldgräberstadt Westaustraliens, Halls Creek, überholen wir wie bereits so oft Karawanen von „Grey Nomads“ – und begegnen auch mal wieder einem Haus, was auf einem Oversize-LKW an uns vorbeizieht. Der schon zum geflügelten Wort gewordene Ausspruch „bestimmt ein Opi“ beim Überholen der schleichenden Wohnwagengespanne findet eine Entsprechung in einer Postkarte im Verkehrszeichen-Stil mit der Aufschrift „Grey Nomads – Next 25 000 km“, die Jacob im Visitor Centre von Halls Creek erwirbt. Die ebenfalls zum Verkauf stehenden Goldnuggets aus der Region liegen dann allerdings doch etwas außerhalb unseres Souvenirbudgets…

05.07.

Nach dem Frühstück nochmal ein Sprung in den Pool – und dann weiter zu den beiden größten Sehenswürdigkeiten von Halls Creek: der aus der umgebenden Landschaft herausragenden hellen Quarzwand „China Wall“ und dem Wasserloch Caroline Pool, an dessen sandigem Ufer wir unsere aus dem Flugzeug entführte Decke ausbreiten und es dem faulen Leguan auf der anderen Uferseite gleichtun.

 

Dieser Beitrag zu Halls Creek erfordert ein paar Worte zur Situation der Aboriginal People, wie wir sie bisher – und hier nun aus besonderer Nähe – erlebt haben. Insbesondere hier in den nördlichen Landesteilen finden sich viele Aboriginal Communities, und im starken Gegensatz zum Süden Western Australias sowie vor allem auch den südöstlichen Bundesstaaten trifft man hier häufig auf Natives. Dennoch scheinen weiße und schwarze Bevölkerung außer beim Einkauf im Supermarkt, an der Tankstelle sowie in den medizinischen und sozialstaatlichen Versorgungsstellen der Orte kaum Berührungspunkte zu haben, was aus unserer Sicht einige Fragen aufwirft. Halls Creek ist ein Dorf mit knapp über tausend Einwohnern – dennoch kann die Frau an der Rezeption des Campingplatzes keine Auskunft über die am gleichen Nachmittag auf dem Dorfplatz stattfindende große Veranstaltung geben, zu der sich bestimmt hundert Aborigines eingefunden haben. Ganz wörtlich wird hier Abschottung betrieben, indem sämtliche Weißen gehörenden Grundstücke mit hohen Zäunen und Stacheldraht umgeben sind (auch der Campingplatz). Die Natives leben in ihren eigenen Communities am Ortsrand oder noch viel weiter draußen im Outback, und sind im Ort selbst häufig in großen, lautstarken Familiengruppen mit vielen Kindern und frei herumlaufenden Hunden anzutreffen, was zusammen mit ihrer oftmals schäbigen Kleidung wiederum aus der Perspektive des weißen Australiers etwas befremdlich wirken mag und sicher nicht positiv zu ihrem Image beiträgt.
Es verwundert angesichts der offensichtlichen Ausgegrenztheit und Perspektivlosigkeit vieler Aboriginal People kaum mehr, dass der Alkoholismus zu einem derartig großen Problem geworden ist, dass Verkauf und Mitführen von Alkohol hier strengen Vorschriften unterliegen. Das Ausweichen auf Benzindämpfe als Rauschmittel wiederum hat dazu geführt, dass in den Tankstellen nahe der Aboriginal Communities nur noch ein von der Regierung subventionierter „low aromatic“-Treibstoff mit sehr geringem Anteil von flüchtigen Substanzen erhältlich ist.
Dazu im Gegensatz steht die Vereinnahmung der Aboriginal-Kultur durch Tourismus und Souvenir-Industrie, aber auch durch von offizieller Seite. An vielen Orten, vor allem in den Nationalparks, stehen Schilder, die die damit verbundenen Traumzeit-Geschichten erzählen, die Verwendung von Pflanzen als Lebensmittel oder Medizin beschreiben oder anderweitig über die Kultur und Lebensweise der Aborigines informieren. Auch die großen staatlichen Museen, wie wir sie in Canberra oder Adelaide besucht haben, verfügen über sehr umfangreiche und informative Ausstellungen zu den First Peoples, und man beruft sich zunehmend auch auf die ursprünglichen Ortsnamen oder das „Bush Food“ der Aborigines. Das Gesamtbild bleibt allerdings ambivalent: man scheint sich offiziell (und da, wo es sich gut vermarkten lässt) zwar zunehmend gerne auf die „ersten Völker“ zu beziehen, im Alltag jedoch bleibt die Gesellschaft gespalten und die Natives erscheinen vor der westlichen Kultur nach wie vor als eher verlorene Gestalten.

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